HANDS to MOUTHS 4-Kanal-Videoinstallation, 18:45 Min Mareike Yin-Yee Lee bedient sich der unterschiedlichsten bildkünstlerischen Medien von der Zeichnung über Performance bis zu Video und Film, um ihre zarten, oft konzeptuellen Arbeiten in Raum und Zeit zu verorten. Marc Sabat arbeitet vorwiegend im Bereich der Neuen Musik, verfügt aber auch Ÿber eine klassische Komponistenausbildung. In seiner Musik finden die Experimente der Neuen Musik mit Harmonien und Akkorden zusammen. †ber die Jahre haben beide ein tiefes VerstŠndnis fŸr die künstlerische Praxis des anderen entwickelt und einen Modus des Austauschs und der Zusammenarbeit gefunden. Während eines Stipendienaufenthalts in BrŸssel entstand die Idee zur Videoinstallation HANDS to MOUTHS, die im Rahmen der Ausstellung AMBITUS umgesetzt wurde. Inspiriert von der Museumsarchitektur und ihrer markanten, horizontalen Durchfensterung, ergab sich eine Grundstruktur aus zwei mal sechs Videoprojektionen im Hochformat, denen die Künstler jeweils einen einzelnen Ton und eine ihm entsprechende Farbe zuordneten. In der Überlagerung der Einzeltöne ergibt sich die Komposition aus zwei sich beständig wiederholenden Akkorden, die durch die Farben ins Bildliche erweitert wird. Bildlich wird auch der Gesang: Auf der Suche nach einer präsenten Frauenstimme, die eine gewisse Lebenserfahrung vermittelt, entschieden sich Sabat und Lee für eine Zusammenarbeit mit der Dhrupad-Sängerin Marianne Svasek. Lee filmte sie mit einer Handkamera aus großer Nähe bei der Intonation der Noten. Svasek begleitet ihren Gesang durch Handbewegungen, die je nach Tonhöhe variieren; die Hände reichen die Töne durch den Körper zum Mund weiter. Die stehende Akkordfolge von HANDS to MOUTHS wird lebendig durch das mikrotonale Vibrieren der Einzeltöne, das kennzeichnend für den hindustanischen Dhrupad-Gesang ist. Für HANDS to MOUTHS ist die Idee des Kontrapunktischen zentral: Hände und Münder werden auf gegenüberliegende Wandseiten projiziert, aber sie treffen nicht frontal aufeinander. Vielmehr betrachtet man zunächst eine Seite, um dann zur anderen geleitet zu werden. Das Fließende des Gesangs hallt in der Bewegung der Betrachter wider, die sich von Wand zu Wand wenden müssen, den Tönen folgend, begleitet von den beiden mäandernden Akkorden. Die einzelnen Teile ergänzen sich zu einem grö§eren Ganzen in der Zeit und im Raum.
— Stephanie Milling, Kuratorin
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